Employer Branding Agenturen unterstützen Unternehmen und Organisationen beim Thema Fachkräftemangel. Es braucht starke Arbeitgebermarken, um Talente ins eigene Unternehmen zu locken. Was eine solche Agentur genau macht und was den Beruf der BeraterInnen in dem Bereich ausmacht, das haben wir Stefan Gessulat von der Agentur Gessulat + Gessulat im Interview gefragt.
Gessulat + Gessulat ist als Employer Branding Agentur bekannt. Bei welchen Fragestellungen könnt ihr Unternehmen helfen?
Der Fachkräftemangel spitzt sich seit Jahren zu. Und es betrifft längst nicht nur Fachkräfte. Auch gewerbliche Mitarbeitende – zum Beispiel für die Produktion – sind immer schwerer zu finden. Mit Stellenanzeigen alleine kommt man nicht weiter. Denn 80% bis 85% der Arbeitenden lesen gar keine klassischen Stellenanzeigen. Was ist also die Lösung? Unternehmen müssen sich als attraktive Arbeitgeber positionieren und mögliche Bewerberinnen und Bewerber dort ansprechen, wo diese sich sowieso aufhalten, also zum Beispiel in Sozialen Netzwerken.
Hier sprechen wir von Social Recruiting. Wir als Employer Branding-Agentur sehen einen tiefen Sinn darin, Unternehmen zu den Mitarbeitenden zu verhelfen, mit denen Sie optimal aufgestellt sind für eine erfolgreiche Zukunft. Dabei arbeiten wir im Rahmen unseres strukturierten Prozesses unter anderem mit Stakeholder-Interviews und Workshops oder auch einer Kultur-Analyse, um die spezifischen Vorzüge des Arbeitgebers herauszuarbeiten, die dann in eine Employer Branding-Kampagne münden. Wir als Gessulat + Gessulat begleiten diesen Prozess seit über 10 Jahren für Unternehmen aus Mittelstand, Industrie, Handel sowie Ministerien.
Wie sieht heute die typische Candidate Journey aus?
Die Candidate Journey kann je nach Zielgruppe und Unternehmen variieren und zum Beispiel in Social Media beginnen und direkt oder mit Umwegen über Bewertungsportale wie kununu auf die Karriereseite oder das Karriereportal führen. Also fast jeder Kandidat und fast jede Kandidatin landet früher oder später auf der Karriereseite. Daher sollte man diese auch sehr genau ansehen und im Zweifel einer Überarbeitung unterziehen, um sie einfacher und attraktiver zu gestalten und mobil zu optimieren. Auch dies übernehmen wir als Gessulat + Gessulat mit unserem eigenen Digital-Team. Dabei kommt spannendem Content auf der Karriereseite, zum Beispiel in Form von Videos, eine besondere Bedeutung zu. So erfahren Talente, wofür ihr zukünftiger Arbeitgeber steht und was genau ihn von anderen Arbeitgebern positiv abhebt.
Kannst du verraten, welche Erwartungen vor allem junge Menschen heute an ihren Arbeitgeber haben?
Talente kaufen heute nicht mehr “die Katze im Sack” sondern informieren sich vor einer Bewerbung sehr genau über ihren zukünftigen Arbeitgeber, zum Beispiel auf dessen Karriereseite, in Bewertungsportalen wie kununu und Glasdoor sowie in Sozialen Netzwerken. Erwartet werden authentische Einblicke in die Arbeitswelt und in die Kultur des zukünftigen Arbeitgebers. Daher müssen Arbeitgeber heute umdenken, sich öffnen und über sich selbst als Arbeitgeber nachdenken und dabei herausfinden, wofür sie als Arbeitgeber stehen und was sie vom Wettbewerb abhebt, was sie also attraktiv macht. Diesen Prozess steuern und begleiten wir als Employer Branding-Agentur.
Was macht eine Employer Branding-Managerin bei Gessulat + Gessulat?
Eine Employer Branding-Managerin führt mit und bei dem Kunden den gesamten Employer Branding-Prozess zum Aufbau der Arbeitgebermarke durch, vom Kickoff über die Stakeholder-Interviews und die Workshops bis zur Kulturanalyse. Auf Basis der gewonnenen Insights wird die Arbeitgebermarke kreiert, aus der unsere Kreativen die passende Employer Branding-Kampagne zur Gewinnung der gesuchten Talente ableiten. Dies alles greift nahtlos ineinander, muß in enger Abstimmung mit HR und Marketing auf Kundenseite umgesetzt werden. Der ganze Prozess reicht oft über Monate oder sogar ein ganzes Jahr und am Ende steht immer ein schönes, sichtbares Ergebnis.
Welche Eigenschaften sollte man für diesen Job mitbringen? Und welche Ausbildung?
Man sollte sich auf jeden Fall für Menschen interessieren und für HR-Themen – und natürlich auch ein Verständnis für oder Erfahrung mit Marketing mitbringen, gerne auch für digitales Marketing. Ideal ist ein Psychologiestudium als Basis, aber wir haben auch tolle Kolleginnen im Team, die BWL oder Wirtschaftspsychologie studiert haben. Talent zur Kommunikation ist wichtig, auch Freude am Projektmanagement und bitte keine Angst vor Zahlen.
Was sind in der Arbeitgebermarken-Kommunikation heute die größten Herausforderungen?
Jeder Arbeitgeber hat – so wie jeder Mensch – etwas, das ihn einzigartig und besonders macht. Aber oft ist es nicht so leicht zu sehen. Und der Arbeitgeber sieht es oft selbst nicht, denkt, dass er zu langweilig ist für tolle Talente. Aber das stimmt nicht. Unsere Aufgabe ist es, in einem Deep Dive zu ergründen, was genau diesen Arbeitgeber so besonders und so spannend macht. Das ist die erste Herausforderung. Und wenn wir dies herausgefunden und in eine emotionale Kreativ-Kampagnen gegossen haben, dann besteht die letzte große Herausforderung darin, mit unsere Botschaft die Talente zu erreichen. Da spielt Social Recruiting eine immer wichtigere Rolle. So können wir Talente über Daten sehr genau in Sozialen Netzwerken wie Instagram oder LinkedIn ansprechen. Dieser Teil der Kommunikation ist dann sehr datengetrieben, aber genau das macht es so spannend: das bei uns Brand Building, kreative Kommunikation und datengetriebenes Online-Marketing so eng ineinander greifen.
Magst du uns noch einen Ausblick geben – wie wird sich Employer Branding und die Kommunikation dazu entwickeln?
Dazu gerne meine 5 Thesen:
1. Firmen müssen sich zukünftig bei den Talenten bewerben, nicht andersherum. Dieses Umdenken beginnt bei den meisten Unternehmen gerade erst.
2. Echtes Employer Branding beginnt innen, bei den bestehenden Mitarbeitenden, nicht außen.
3. Diversity und Inclusion werden zum Mega-Thema im Employer Branding! Die Frage ist nicht mehr nur, wie finde ich die passenden Talente sondern wie finde ich passende Talente aus allen gesellschaftlichen Bereichen.
4. Social Recruiting wird zu einer eigenen Disziplin – zum Beispiel mit Live-Kommunikation bei Instagram oder Twitch. Die Talente kommen so noch früher und noch näher an den Arbeitgeber heran.
5. Karriereportale werden zu Karrierewelten mit viel Content vom Video bis zum Podcast und damit so spannend, dass Talente immer wieder kommen, anlockt durch Snippets in Social Media.
Vielen Dank für das Interview, Stefan!